Subarktische Abenteuer in Manitobas hohem Norden

Gangler’s Eco Adventures am North Seal River

1980
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Im äußersten Norden Manitobas, kurz vor der Grenze zu Nunavut, liegt die Region des North Seal River – eines der letzten unberührten Naturjuwele unseres Planeten.

Das Gebiet ist nur auf dem Luftweg zu erreichen, denn Straßen gibt es hier, in der unberührten Natur und unermesslichen Weite der kanadischen Subarktis, keine mehr. Hier herrscht Wildnis in ihrer reinsten Form! Die Prärie hat hier Platz gemacht für immense Flächen borealen Waldes, der von zahllosen Seen und Wasserwegen unterbrochen ist. An die meisten Orte hat hier keine Menschenseele jemals einen Fuß gesetzt. Wenn der Wald von der Tundra abgelöst wird und sich die Baumgrenze auflöst, fühlt sich die Landschaft derartig fremd an, dass man meint, auf dem Mond spazieren zu gehen. Hier oben streifen Bären und Elche, Karibus und Wölfe und viele andere Arten imposanter wilder Tiere umher, die man unmöglich übersehen kann. Der Norden ist ein Mysterium, ein Ort, an dem andere Regeln gelten, wo die Luft rein ist, die Nächte leise und wo ein Gefühl des Rätselhaften aus der Wildnis klingt. Auch wenn es fast unmöglich erscheint, befindet sich in dieser unwegsamen Landschaft die wunderbare Gangler’s Eco Lodge. Sie steht zwischen dem Tadoule Lake und dem Lac Brochet am Ufer des glasklaren Lake Egenolf rund 100 km südlich der Grenze zu Nunavut und ist ein perfekter Ausgangspunkt für alle, die die Welt des hohen Nordens erkunden möchten.

Unsere Reise beginnt in Winnipeg. Es ist August und noch so früh am Morgen, dass die Sonne noch nicht einmal damit begonnen hat, hinter dem Horizont hervorzulugen. An Bord unserer Calm Air Maschine lassen wir die Geschäfigkeit der Stadt hinter uns. Auf unserem Weg ans sprichwörtliche „Ende der Welt” verändert sich die Landschaft unter uns merklich. Eine gefühlte Winzigkeit später legt unser riesiges Flugzeug eine geübte Landung auf einer sandigen Flugpiste hin – die schönste ihrer Art in Manitobas Norden – und es scheint noch recht unwirklich, dass wir jetzt tatsächlich hier sind.

Gangler’s Eco Adventure (c) Travel Manitoba
Gangler’s Eco Adventure (c) Travel Manitoba

Wir werden von einer ganzen Armada von geländetauglichen RTVs (= Rugged Terrain Vehicle) in Empfang genommen und zu unseren Cabins gebracht, die in den nächsten drei Nächten unser Zuhause sein werden. Die schöne Holzstruktur der Gebäude verspricht gemütliche Stunden zum Austausch von Erzählungen über neu erlebte Abenteuer. Wir kommen genau rechtzeitig zum Frühstück an, so dass wir uns erst einmal mit Eiern und Speck für den Tag stärken.

Wenn man sich einen Betrieb im hohen Norden anschaut, darf man nicht vergessen, dass hier nichts einfach so passiert. Von den Baumaterialien, die diesen wunderbaren Ort geschaffen haben, bis zu den Eiern auf unseren Tellern, hinter allem steckt eine ausgefeilte Logistik. Essen, Menschen, Maschinen, Ausstattung – alles muss detailliert geplant und organisiert werden. Es gibt keinen kurzen Halt am nächstgelegenen Supermarkt, um noch mal eben etwas einzukaufen. Denn die nächste Einkaufsmöglichkeit liegt mehr als 1.000 Kilometer weit entfernt.

Sobald wir unsere Cabins bezogen haben, ist es an der Zeit, die Gegend zu erkunden. Die nördliche Region des North Seal River umfasst mehr als 12 Flusssysteme und 100 Seen. Hier befindet sich auch Nord-Kanadas größtes Gebiet für die seltenen Sand-Esker – einzigartige geologische Formationen, die sich auf mehr als 100 Meter in die Höhe erheben und atemberaubende Ausblicke auf die umliegende Landschaft bieten. Einige von ihnen sind mehr als 200 Kilometer lang und wurden seit Jahrhunderten von Tieren und Ureinwohnern genutzt, um das Gebiet zu durchstreifen. Die riesigen Sandaufschüttungen sind nach Ende der letzten Eiszeit vor mehr als 8.000 Jahren entstanden, als sich 4 Kilometer dickes Gletschereis zurückgebildet hat. Wir springen auf ein RTV und überqueren den ersten Esker bei einer – wie es sich anfühlt – wahren Achterbahnfahrt. Mit ordentlichem Tempo geht es hoch und runter über den Sand. Zwischendurch wird angehalten, um den Blick auf die umliegenden Seen zu genießen und die hier heimische Pflanzenwelt zu erkunden: wir sehen ganze Teppiche von Wacholderbeeren und Dickichte aus Sumpfporst, das uns aus der Homöopathie ein Begriff ist. Unser Guide Brian ist Biologe und erklärt uns die medizinische Verwendung der Pflanzen und wie die Ureinwohner der Region sie früher verwendet haben. Wir befinden uns am Ende der Weidenröschen-Saison, deren knallig pinke Blüten uns entlang der Strecke begleiten. Diese wunderschöne Pflanze des Nordens einmal von Nahem zu sehen, war ein Punkt auf meiner ganz persönlichen Bucket List.

Während der Weiterfahrt stoppen wir an einigen Findlingen – riesige Felsen aus Granit, die uns winzig klein erscheinen lassen. Ein weiteres Überbleibsel der Gletscher, die hier einst das Land überzogen. Die Esker, die in unterschiedlicher Größe, Höhe und Weite überall in dieser weitläufigen Gegend verstreut sind, eignen sich auch bestens für Freunde des Mountainbikens, die ihre Fertigkeiten einmal beim Fahren mit Fatbikes testen möchten. Auch für Wanderer bieten sie natürlich ein einzigartiges Erlebnis, belohnt doch der Aufstieg  mit wahrhaft majestätischen Ausblicken auf die Seen, den schäumenden North Seal River und die schönen Täler. Diese Region wurde einst regelmäßig von den Ureinwohner durchquert und ist daher auch heute noch geradezu übersät mit Artefakten wie Pfeilspitzen, Werkzeugen und anderen Überbleibseln der Vergangenheit. Die Fundstücke werden liebevoll erfasst und dann für die nächsten Abenteurer zurück an ihren Platz gelegt. Wir entdecken eine alte Portage, die mit großen Steinen markiert ist, und treffen zufällig auf eine einfache Fallensteller-Hütte, die still und leise im Gebüsch versteckt liegt.

Die Seen der Region wimmeln von Fischen. Man empfiehl uns, mal für einen Tag die Angel auszuwerfen, um einen zappelnden Zander, Hecht oder eine Forelle an den Haken zu bekommen. Als Anfänger hält sich mein Glück in Grenzen, aber am Ende gelingt es mir doch meinen ersten Hecht zu ergattern. Am See ist es so still und friedlich, wir haben das Gefühl als seien wir die einzigen verbleibenden Menschen auf der Welt. Nach dem Vormittag auf dem Wasser ist es natürlich bald Zeit für das typische Shore Lunch. Unser Angel Guide, der auf den Spitznamen Snoop hört, zückt sein Filletiermesser und widmet sich fachmännisch unserem Fang, während sein Kollege die Gewürze mischt, Zwiebeln, Pilze und Kartoffeln schneidet, so dass alles zusammen in riesigen gusseisernen Pfannen am offenen Feuer garen kann. Das Ergebnis ist einfach unbeschreiblich. Da ist der Hecht, ok. Er ist knusprig, geschmackvoll, leicht. Aber das Ganze mit der Tatsache kombiniert, dass wir gerade Zeuge eines Gourmet Lunchs geworden sind, das auf die Schnelle an einem abgelegenen Ufer mit Zutaten aus kleinen Blechdosen zubereitet wurde, ist etwas wirklich besonderes.

Jetzt, wo wir Sand und Wasser erkundet haben, liegt die nächste Mission im Himmel. Ein Wasserflugzeug steht bereit, um uns zum Courage Lake zu bringen, der nochmals 100 Kilometer weiter nördlich liegt. Sanft steigen wir in die Luft auf und ich merke nicht einmal, als wir vom Wasser abheben. Hier oben im Norden gibt es eine ganz eigene Sprache, die sich um Maschinen und Motoren, um Kraftstoff und Werkzeug dreht. Hier oben können Menschen nur dort bestehen, wo ihre Maschinen sie hinbringen. Es gibt keine Straßen, nur Wasser, Himmel und unbefahrbares Gelände. Jedes Gespräch wird hier von dieser Sprache gewürzt – eine aufschlussreiche Lektion für uns Stadtmenschen.

Auf unserem weiteren Weg nach Norden überqueren wir die Baumgrenze und was wir nun unter uns sehen, ist eine nochmals andere Welt, die wir nach unserer Landung natürlich erforschen möchten. Hier oben ist nichts höher, als unsere eigenen Schultern, das Auge kann meilenweit sehen. Es gibt Pilze, die so grell rot sind, dass man schwören könnte, sie seien Gewächshaustomaten, und reife Moltebeeren, die so prall sind, dass sie beim Pflücken fast in den Fingern explodieren. Wir marschieren noch ein wenig weiter nördlich und überqueren zu Fuß die Grenze nach Nunavut – nur eine im Boden befestigte Grenzmarkierung weist darauf hin. Im Herbst durchqueren die Karibus das Gebiet und locken eifrige Fotografen an, die hier auf das perfekte Motiv warten.

Zurück auf der Lodge erwartet uns ein ganz wunderbarer Komfort. Wenn die Gäste gegen 17.30 Uhr von ihren Abenteuern rund um Angeln, Kayaken, Tierbeobachtung und Wildniserkundung zurückkehren, werden sie mit leckeren Appetithäppchen begrüßt. Um 19.00 Uhr wird schließlich das Dinner serviert, das mit köstlichen Leckerein wie BBQ Ribs, Crème Caramel und Boccocini-Salat überrascht und unsere hungrigen Bäuche mit Glück erfüllt.

Als die Sonne untergeht, treibt es uns nochmals nach draußen, ein Gläschen Chardonnay in der Hand, um das Aufgehen der Sterne zu beobachten und dem Knacken des Lagerfeuers zu lauschen. In klaren Nächten tanzen dazu die Polarlichter am Himmel.

Weitere Infos unter www.ganglersecoadventures.com und www.travelmanitoba.com.

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