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Foraging: Kanadas essbare Landschaften

Mega-Trend Wildcrafting

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Foraging (c) rnr-projects / AIMD
Foraging (c) rnr-projects / AIMD

Das eigenständige Suchen und Sammeln von Nahrungsmitteln in der Wildnis von Kanada macht nicht nur Spaß, sondern sorgt auch für ein tiefes Verständnis der Landschaft und der indigenen Bevölkerung.

Ob Obst oder wilde Kräuter, essbare Blüten oder Beeren – das Suchen und Sammeln von Lebensmitteln in der Natur ist seit Jahrtausenden Teil der Lebensweise der Ureinwohner und wird auch bei Touristen immer beliebter. Ein weiterer Vorteil neben der eigenen Ernährung:

Über das sogenannte Wildsammeln lernt man Landschaften und ihre Bewohner noch intensiver kennen. Die Nahrungssuche ist dabei nicht nur auf Wälder und Wiesen beschränkt, sondern kann auch in einer Metropole stattfinden.

Wildcrafting

Der Praxis des Wildsammelns, im Englischen Foraging oder Wildcrafting genannt, kann mittlerweile niemand mehr entkommen. Ob über Fernsehsendungen oder in Zeitschriftenartikeln, auf Speisekarten in Restaurants oder in speziellen Gruppen – nahezu überall wird auf diese Art der Nahrungssuche hingewiesen.

Doch was als derzeitiger Trend daherkommt, ist der indigenen Bevölkerung Kanadas seit jeher bekannt. Dabei bezeichnet es lediglich die Jahrtausende alte Praxis, in der Natur auf die Suche nach essbaren Wildpflanzen wie Früchten, Blüten, Beeren oder Pilzen zu gehen.

Während das Wildsammeln seit Jahrtausenden Teil der Lebensweise der Ureinwohner ist, hat es sich zu einem Mainstream-Trend entwickelt, der zum Teil durch das gesteigerte Bewusstsein während der globalen Pandemie ausgelöst wurde.

Unterstützt wird dieser Trend durch populäre Fernsehshows wie Forage oder Wild Harvest, die eine Ehrfurcht vor lokal und selbst geernteten Zutaten vorleben und auch das Wissen über die Natur und ihre Gewächse vermitteln, ob es sich nun um wild geerntete Blaubeeren, Löwenzahn, Schachtelhalm oder Klettenwurzel handelt.

In Forage ist der aus Ontario stammende Anishinaabe-Koch Shawn Adler zu sehen, der in Wäldern und Flüssen nach essbaren wilden Lebensmitteln sucht. Wild Harvest wird von Paul Rogalski aus Alberta und dem Überlebensexperten Les Stroud moderiert, der in Gemeinden in Alberta und Ontario in Kanada sowie in Oregon und Kalifornien in den USA jagt, fischt und kocht.

Minze, Pfifferlinge, Morchel, Süßwasserfisch, Labrador-Tee (c) rnr-projects AIMD
Minze, Pfifferlinge, Morchel, Süßwasserfisch, Labrador-Tee (c) rnr-projects AIMD

Die Verbundenheit mit dem Land wächst

Was die oben genannten Fernsehsendungen im Wesentlichen leisten, ist eine intimere Hinwendung zur Zubereitung des eigenen Essens. Durch das Finden und Ernten von Zutaten profitieren Wildsammler von der Zeit, die sie in der freien Natur verbringen, sie erweitern zudem ihre Perspektive, lernen neue Geschmacksrichtungen kennen und erhalten eine höhere Lebensmittelsicherheit, da die Zutaten nicht in irgendeiner Form chemisch behandelt oder durch Zusätze haltbar gemacht werden.

Das Vermeiden industrieller Nahrungsmittel sorgt zudem für einen erheblich geringeren ökologischen Fußabdruck in Sachen CO2-Ausstoß.

Eine achtsame Art des Reisens

Wer sich auf Wildsammeltour begibt, lernt zudem Landschaft und Bewohner einer zuvor unbekannten Gegend viel intensiver kennen, als wenn er in den Supermarkt oder ins Restaurant geht. „Ernten ist immer auch ein Akt der Achtsamkeit“, sagt Leigh Joseph, Ethnobotanikerin und Inhaberin des in British Columbia ansässigen Unternehmens Skwálwen Botanicals, die der Squamish First Nation angehört.

„Wenn ich meine Augen schließe, um mir die Pflanze vorzustellen und zu überlegen, in welcher Form ich sie verarbeite – ob als Medizin oder Nahrung – fühle ich mich sowohl im gegenwärtigen Moment geerdet als auch mit der Welt und Geschichte meiner Squamish-Vorfahren und zukünftiger Generationen verbunden“.

Haida House at Tllaal (c) Jonview Canada / Via Produkt Sarina Keil
Haida House at Tllaal (c) Jonview Canada / Via Produkt Sarina Keil

Kanadas essbare Naturschätze

Wer weiß, wonach er sucht, findet in Kanada ein üppiges Füllhorn von Zutaten vor, die man sammeln und auf unterschiedlichste Weise verarbeiten kann. Wilder Rhabarber vom Straßenrand beispielsweise hat eine natürliche Süße und eignet sich perfekt für Marmeladen und Streusel.

Dazu kommt Löwenzahn, aus dem man mit Sternanis und Zitronenverbene einen heilenden Tee zubereiten kann. Gefundene Morcheln verleihen Suppen, Eintöpfen, Pizzas und Salaten einen reichen, erdigen Geschmack.

Wie man es am besten macht

Die Nahrungssuche in der Wildnis ist dabei aber auch nicht ohne Risiken. Man sollte sich zuvor unbedingt darüber informieren, wo man sammeln darf und welche Gewächse sich eignen. In Kanada ist das Wildsammeln auf den meisten öffentlichen Flächen und in Nationalparks erlaubt – in Provinzparks ist es jedoch verboten, da es das Ökosystem schädigen kann.

Für die Nahrungssuche auf privatem Land oder in traditionellen Gebieten ist eine Genehmigung des Landbesitzers oder der örtlichen indigenen Gemeinschaft erforderlich. Außerdem ist es wichtig, sich über die Vorschriften des jeweiligen Reiseziels zu informieren.

In einigen Städten wie beispielsweise Toronto ist das Foraging in öffentlichen Parks, Wäldern und Schluchten ausdrücklich verboten. Eine gute Quelle für diese Informationen sind Social Media-Portale wie Meetup, wo man beispielsweise bei Gruppen wie „Forage & Feast: Edible and Medicinal Wild Plants of Ontario“ alle wichtigen Informationen erhält und Gleichgesinnte zum gemeinsamen Sammeln trifft.

Foraging (c) rnr-projects / AIMD
Foraging (c) rnr-projects / AIMD

Wildsammeln in der Stadt

Das Tolle für Reisende ist, dass man nicht weit gehen muss, um auf Nahrungssuche zu gehen. Viele der besten Touren finden im urbanen Raum in der Nähe einer Stadt statt.

Man sollte allerdings immer darauf achten, mit einem in der jeweiligen Stadt anerkannten Guide auf Nahrungssuche zu gehen. Anbei eine kleine Auswahl an geführten Wildsammeltouren in den unterschiedlichsten Regionen und Städten Kanadas:

Edmonton, Alberta

Besucher können an einem dreistündigen Wildsammel-Workshop teilnehmen, der im North Saskatchewan River Valley von Edmonton stattfindet. Während der Tour lernen die Teilnehmer essbare Wildpflanzen und Pilze kennen, wobei der Schwerpunkt auf deren Verwendung in der heimischen Küche liegt.

Der Führer Kevin Kossowan wurde für seine Arbeit an der Internetserie From the Wild, die sich mit dem Sammeln und Kochen von in der Wildnis gewachsenen Zutaten beschäftigt, zweimal für den James Beard Foundation Award nominiert. Kossowan ist auch der Mitgestalter der Reality-Show Wild Harvest. Die Touren werden von Mai bis August angeboten.

Halifax, Nova Scotia

Chefkoch Sean Laceby bietet Gourmet-Wildfood-Erlebnisse in der atemberaubenden Natur von Nova Scotia an, bei denen Zutaten geerntet, gekocht und im Freien gegessen werden. Sein Online-Guide Gourmet by Nature will die Menschen ermutigen, sich nachhaltig mit der Natur zu beschäftigen, sich mit ihr zu verbinden und die Natur zu jeder Jahreszeit durch kulinarische Ausflüge in die Wildnis, Kochkurse und private Abendessen zu genießen. Seine Exkursionen werden das ganze Jahr über angeboten.

Winnipeg, Manitoba

Die Touren des Anbieters Kilter Brewing führen die Teilnehmer auf eine von der Craft Beer-Szene inspirierte Suche entlang der Seine. Es wird nach essbaren Pflanzen wie Löwenzahn, Hagebutten und Rhabarber Ausschau gehalten, die sich ideal eignen, um einem selbst gebrauten Bier einen einzigartigen Geschmack zu verleihen.

Der Inhaber von Kilter Brewing hat enorme Erfahrung auf diesem Gebiet und in den vergangenen Jahren mehr als 1.000 Brauereien in über 30 Ländern besucht, um mehr über die Menschen, Orte und Zutaten zu erfahren, die ein gutes Bier ausmachen. Angeboten werden die Exkursionen an ausgewählten Terminen im September und Oktober.

Foraging (c) rnr-projects / AIMD
Foraging (c) rnr-projects / AIMD

Fredericton, New Brunswick

Die Wabanaki-Medizinfrau Cecelia Brooks und ihr Sohn Anthony unternehmen medizinische Rundtouren durch die alten Gehölze des Odell Parks, bei denen sie ihr umfangreiches Wissen über die lokale Flora und Fauna und deren Verwendung als Medizin und Nahrungsmittel weitergeben.

Cecilia, die Besitzerin von Wabanaki Tree Spirit Tours, hat ihr Leben der Bewahrung des Pflanzenwissens gewidmet und Anthony in zahllosen Stunden in den Wäldern der Region, darunter auch im Fundy National Park, die Weisheit der Pflanzen vermittelt. Anthony ist ein begeisterter Pilzsammler, während Cecelia eine reiche Quelle für Geschichten und Legenden des Wabanaki-Volkes ist. Angeboten werden die Touren ganzjährig an ausgewählten Terminen.

Halifax, Nova Scotia

Bei einer ganztägigen Tour mit Wild Foods Excursions entdecken Teilnehmer neue Geschmacksrichtungen in der Wildnis von Nova Scotia, beginnend vor den Toren von Halifax. Während des Ausflugs probieren sie verschiedene wilde Lebensmittel und bereiten eine vollwertige Mahlzeit mit handverlesenen Wildprodukten zu.

Als Guide fungiert der in Belgien geborene Fred Dardenne, der seit seinem siebten Lebensjahr auf Nahrungssuche durch die Wildnis streift. Eine Passion, die er von seiner Familie geerbt hat, da er anfangs immer mit seinem Vater, seinem Großvater, seinem Onkel und vielen Freunden losgezogen ist. Die Touren finden an ausgewählten Terminen nach Vereinbarung statt.

 

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